Die Änderung der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) stand 2017 auf der Agenda des Bundesverkehrsministeriums. Speziell Paragraph 67 zu den „Lichttechnischen Einrichtungen an Fahrrädern“ ist seit dem 1. Juni 2017 in grundlegender Überarbeitung in Kraft. Der pressedienst-fahrrad erklärt die Änderungen und hat Experten zu deren Einschätzungen befragt.
(td-f/tg) Paragraph 67 der Straßenverkehrszulassungsordnung wurde im Sommer diesen Jahres komplett neu gefasst und soll aus Sicht des Verkehrsministeriums jetzt zeitgemäßer und praxisnäher sein. „Das ist in großen Teilen auch gelungen. Der Fahrradmarkt entwickelt sich allerdings rasant und deshalb muss man immer wieder den Einzelfall bewerten“, beurteilt Dr. Anja Matthies, Fachanwältin für Verkehrsrecht beim Online-Portal Bikeright, das neue Gesetz. Zwei wichtige Punkte stehen bereits am Anfang des Paragraphen: Erstens darf Fahrradbeleuchtung nun auch mit Batterien ausgerüstet sein. Bislang waren nur Akkus bzw. „wiederaufladbare Energiespeicher“ als Alternative zum Dynamo möglich. „Wir begrüßen diesen Schritt, da gerade bei Rücklichtern oft Batterien verbaut sind. Jetzt können auch Batterien genutzt werden, die eine andere Nennspannung als sechs Volt haben“, meint Sebastian Göttling, Marketingmanager beim Lichtspezialisten Busch & Müller.
Akku-Beleuchtung darf auch zu Hause bleiben
Zweitens müssen abnehmbare Leuchten wie Batterie- bzw. Akku-Beleuchtung nicht mehr ständig mitgeführt werden. Laut Gesetzestext müssen diese nur bei Dämmerung, Dunkelheit oder wenn es die Sichtverhältnisse erfordern angebracht werden. „Das ist ein Schritt in Richtung Praxis und Realität. Welcher Mountainbiker führt seine Lampe bei einer Tagestour bei strahlendem Sonnenschein mit? Trotzdem darf man jetzt nicht leichtsinnig werden, muss also die Dämmerung immer im Auge behalten und die Tour entsprechend planen“, rät Martin Ohliger, PR-Sprecher beim Fahrradhersteller Felt.
Allerdings darf weiterhin nicht jede Akku-Beleuchtung am Fahrrad verwendet werden. Die benutzten Komponenten müssen das Prüfzeichen des Kraftfahrt-Bundesamtes haben. Die sogenannte K-Nummer wird durch eine Wellenlinie, den Großbuchstaben K sowie eine Zulassungsnummer gekennzeichnet und ist für alle Lampen im Straßenverkehr verpflichtend. „Bei einem Night-Ride abseits der Straße sind jedoch auch Outdoor-Lampen oder Helmlampen ohne K-Nummer nutzbar“, erklärt Daniel Gareus, PR-Sprecher beim Importeur Cosmic Sports. „Im Straßenverkehr sollte man jedoch die Finger davon lassen“, rät Dr. Anja Matthies.
Ein weiterer Punkt, der gerade sportlichen Fahrern zugute kommt, ist der Wegfall des zweiten roten Rückstrahlers. Neben der Schlussleuchte muss nur noch ein roter, nicht dreieckiger Rückstrahler der Kategorie „Z“ verbaut sein, der allerdings auch in die Schlussleuchte integriert sein darf. „Radfahrer ohne Schutzbleche haben nun endlich die Möglichkeit, ihr Rad im Straßenverkehr problemloser StVZO-konform zu bekommen“, sagt Volker Dohrmann, Leiter Strategie, Produkt und Marketing beim Hamburger Sportradhersteller Stevens.
Blinker und Tagfahrlicht
Dem aktuellen Stand der Technik entspricht die Neuerung, dass Scheinwerfer ab sofort mit Tagfahr- und Fernlicht ausgestattet sein dürfen. Auch ein ins Rücklicht integrierte Bremslicht ist nun erlaubt. „Wir freuen uns über die Anpassungen. Damit gewinnt das Fahrrad im Straßenverkehr an Augenhöhe und es sind neue Sicht- und Sicherheitsausstattungen möglich“, so Sebastian Göttling. Busch & Müller hat bereits an manchen Produkten ein Tagfahr- sowie Bremslicht verbaut. Außerdem dürfen jetzt Blinker am Fahrrad genutzt werden. Die Fahrtrichtungsanzeiger sind an Mehrspurfahrzeugen wie Liegerädern oder an Fahrrädern, wo ein Handzeichen nur schwer erkennbar ist, erlaubt. „Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll und wünschenswert, dass Blinker an allen Fahrrädern verbaut werden können“, meint Paul Hollants, Geschäftsführer vom Liegefahrradhersteller HP Velotechnik, der jetzt den ersten StVZO-konformen Blinker präsentiert hat. Aber Vorsicht: Blinkende Front- und Rückleuchten bleiben weiterhin am Rad verboten. Diese dürfen aber als Zusatzleuchten am Körper getragen werden.
Scheinwerfer dürfen nicht blenden
Neu ist zudem die Regelung, dass auch zwei Scheinwerfer oder Rückstrahler am Rad angebracht werden dürfen. Bei Rädern über einem Meter Breite ist dies sogar vorgeschrieben – auf Lastenräder kann das zutreffen. Auf Kritik stößt jedoch die Löschung des Absatzes über die richtige Einstellung des Scheinwerfers. Die bisherige Regelung, dass der Lichtkegel nach fünf Metern noch halb so hoch wie am Ausgangspunkt scheinen muss, wurde gestrichen. Nun lautet die Regel: Der Scheinwerfer muss so eingestellt sein, dass er andere Verkehrsteilnehmer nicht blendet. Ob das sinnvoll ist, ist fragwürdig, denn auch ein hochwertiger Scheinwerfer bringt falsch eingestellt nichts. „Der örtliche Fachhändler hilft gerne bei der richtigen Einstellung der Beleuchtung. Wir bieten dem Handel dafür sogar ein extra Licht-Einstellset mit Wasserwaage an, welches eine passende Einstellung mit wenigen Handgriffen ermöglicht“, erklärt Sebastian Göttling. Eine Neuerung gibt es zudem bei der Verwendung von sogenannten „Speichen-Sticks“. Falls man diese am Rad verbaut, muss an jeder einzelnen Speiche ein reflektierender Stick angebracht sein. Da jedoch viele Alltags- und Tourenreifen mittlerweile über ebenfalls erlaubte Reflexstreifen verfügen, sind solche Zusatzmittel oft hinfällig.
Neuer Paragraph für Fahrradanhänger
Das Bundesverkehrsministerium hat die StVZO zusätzlich um den Paragraphen 67a erweitert. Dieser regelt erstmalig die Beleuchtung an Fahrradanhängern. Bislang war etwa fragwürdig, ob eine rote Schlussleuchte überhaupt erlaubt sei. Für Radanhänger, die ab dem 1. Januar 2018 verkauft werden, gelten nun konkrete Vorgaben. So müssen Anhänger ab 600 Millimeter Breite mit zwei weißen Reflektoren nach vorne sowie einer roten Schlussleuchte auf der linken Seite sowie zwei roten Reflektoren ausgestattet sein. Anhänger mit mehr als 1.000 Millimeter Breite benötigen zusätzlich eine weiße Frontleuchte. Unabhängig von der Breite dürfen ein weiteres Rücklicht sowie noch weitere Reflektoren verbaut sein. Auch das Anbringen von Blinkern zum Richtungswechsel ist erlaubt. „Der Gesetzgeber schreibt vor, dass mindestens 50 Prozent der Schlussleuchte des Rades sichtbar sein müssen. Ist dies durch einen Anhänger nicht der Fall, muss dieser zusätzlich mit einer Schlussleuchte ausgestattet werden. Wir sind bei unseren neuen Modellen, die ab Januar 2018 im Handel sind, auf die neuen Forderungen vorbereitet“, verweist Hanna Gehlen, Projektmanagerin beim Anhängerspezialisten Croozer, auf die neuen gesetzlichen Vorgaben. Beim Croozer-Modell „Kid Plus“ sind die Lichter beispielsweise direkt in den Schiebegriff integriert und sind aktives Licht sowohl nach vorne als auch nach hinten. Beim Modell „Kid“ sorgt eine rote Rückleuchte am Anhänger für die nötige Sichtbarkeit im abendlichen Straßenverkehr.
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