Wie Burgen und Schlösser an der Burgenstraße mit kreativen Ideen vor dem Verfall gerettet werden
Burgen und Schlösser faszinieren die Menschen seit eh und je – seien es die Bauwerke an sich oder die Vorstellung, wie Menschen hier früher gelebt haben. Doch solch alte Gemäuer sind teuer im Unterhalt und Erhalt – nichtsdestotrotz fühlen sich viele Burgbesitzer ihren Ahnen und der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die historischen Gebäude für die Nachwelt zu erhalten. Auch an der Burgenstraße, die quer durch Süddeutschland zu über 70 Burgen und Schlössern führt, gibt es unterschiedlichste, oft kreative Ideen, wie die Bauten am Leben erhalten werden können …und nicht nur das: Wie ihnen neues, spannendes Leben eingehaucht wird. Hier einige konkrete Beispiele.
Einzigartiges Burgerlebnismuseum – Burg Cadolzburg
Zwölf Jahre lang dauerten die Bauarbeiten auf der Cadolzburg vor den Toren Nürnbergs, die am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 in Flammen aufgegangen war und jahrzehntelang in Trümmern lag. Entstanden ist ein deutschlandweit einzigartiges Burgerlebnismuseum, das vor knapp einem Jahr eröffnet wurde und sich im Besitz der Bayerischen Schlösserverwaltung befindet. In der multimedialen Ausstellung „HerrschaftsZeiten! – Erlebnis Cadolzburg“ wird das Leben und der Alltag der Hohenzollern lebendig, die vor 600 Jahren von der Cadolzburg aus Franken und Brandenburg regierten. Die Macher der Ausstellung haben sich einiges einfallen lassen, um Gäste in das Mittelalter eintauchen zu lassen: So bekommen Besucher mittels Drohnenflug und Tastmodell im wahrsten Sinne des Wortes ein Gefühl für die größte Ausdehnung der Burganlage, und ein Comic stellt die Dynastie der Hohenzollern näher vor. In der Küche riecht es gut nach Ochsenbraten, im engen, dunklen Verlies hingegen nach Moder… und im kurzen Bett mittelalterlicher Bauart können Besucher sogar probeliegen – oder eher sitzen. Beim Aufprobieren eines Helms oder beim virtuellen Schwertkampf wird spürbar, welche Herausforderungen Ritter früher zu bestehen hatten; es gibt auch eine VR (Virtual Reality)-Brille, mit der Gäste das Turnier „live“ und in 3-D erleben. www.burg-cadolzburg.de
Greifenwarte als Besuchermagnet – Burg Guttenberg
Anders als die Cadolzburg war Burg Guttenberg im Neckartal immer bewohnt und zählt zu den letzten unzerstörten Burgen in ganz Deutschland. Bereits in der 17. Generation befindet im Besitz der Familie von Gemmingen-Guttenberg, die bis heute auf der Stauferburg aus dem 12. Jahrhundert lebt. Doch die Heiz- und Renovierungskosten sind enorm: Da kommt locker eine sechsstellige Summe im Jahr zusammen, allein für Heizung verschwinden durch den Schornstein jährlich mehr als 12.000 Euro.
Bereits 1949 wurde die Burg für Besucher geöffnet, zunächst mit Burgmuseum und Burgschenke. Darüber hinaus setzt die Familie auf eine ungewöhnliche Idee, um Besucher anzulocken: In der Burganlage ist die Deutsche Greifenwarte untergebracht, die nicht nur in einem Rundgang erkundet werden kann, sondern auch von April bis Oktober zweimal täglich Flugvorführungen zeigt. Viele der rund 100 Vögel der Greifenwarte sind einzigartig in Deutschland, darunter Mönchs- und Gänsegeier oder der majestätische Weißkopfseeadler. Mutige können den Vögeln aber noch viel näherkommen: Bei einer „Falknerstunde“ lernen Besucher ab sieben Jahren die Greifvögel selbst zu fliegen; auch ein exklusives Fotoshooting mit den Tieren ist möglich. www.burg-guttenberg.de
Bei Götz zu Gast – Burg Hornberg
Burg Hornberg, hoch über dem Neckartal in Sichtweite zur Burg Guttenberg, gilt als die älteste und größte Burganlage am Neckar. Von 1515 – 1562 lebte hier der bekannte „Ritter mit der eisernen Hand“ Götz von Berlichingen. Seit mehr als 400 Jahren befindet sich die Anlage im Besitz der Familie von Gemmingen-Hornberg. Als sie im Zuge eines wachsenden Tourismus 1953 die historische Burganlage für Gäste öffnete, zählte sie zu den Pionieren auf diesem Gebiet. Der frühere Marstall wurde zum Restaurant, Vorburg und Schafstall zum Hotel. Heute präsentiert sich das Hotel Burg Hornberg als Vier-Sterne-Haus mit renommiertem Panorama-restaurant. www.burg-hotel-hornberg.de
Kunst, Kultur und Köstlichkeiten – Schloss Kirchberg an der Jagst
Das Schloss in Kirchberg an der Jagst wurde nach Jahrzehnten nicht öffentlicher Nutzungen vor zwei Jahren zum „Kirchberger Bauernschloss“. Neue Hausherrin in der größten Schlossanlage Hohenlohes ist die mit der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall verbundene Stiftung „Haus der Bauern“. Sie hat hier ein interdisziplinäres Zentrum für Kultur und Bildung geschaffen mit dem ambitionierten Ziel, das Schloss zu einem „Nukleus der Agrarwende“ zu machen. Die Akademie für Ökologische Land- und Ernährungswirtschaft bietet Seminare und Vorträge rund um die Themen „Bio“, „Ernährung“ und „Landwirtschaft“ an. Als Pilotprojekt vermittelt der Fortbildungslehrgang zur „Fachkraft für Bio-Lebensmittel im Einzelhandel“ Grundlagenwissen zum ökologischen Landbau, zur Bio-Lebensmittelkunde und den Zertifizierungskriterien der Öko-Anbauverbände. Auch hat die Bauernschule Hohenlohe ihr Zuhause im Schloss gefunden ebenso wie eine Jugendhilfeeinrichtung, seniorengerechte Wohngemeinschaften und ein Integrationsprojekt für Flüchtlinge. Künstlerateliers, der allmonatliche „Tanz im Schloss“, Konzerte im Rittersaal, Schlosshotel und Schlosscafe bringen eine bunte Vielfalt an Kunst, Kultur und Leben in das alte Gemäuer. Ein kulinarisches Highlight bietet das Schlosscafe: Hier gibt es Bio-Heumilcheis mit Klassikern wie Schokolade und Vanille, aber auch mit ausgefallenen Kreationen wie Karamell-Fleur de Sel oder Zitrone mit frischer Schlossminze, das in der Moo-Eismanufaktur im Schloss hergestellt wird. www.schloss-kirchberg-jagst.com
Handwerkskunst, Kulinarik und Rock – Burg Abenberg
Burg Abenberg thront über dem gleichnamigen Städtchen vor den Toren des Fränkischen Seenlandes. Den Grafen von Abenberg als Erbauer folgten im Laufe der Jahrhunderte verschiedenste Besitzer und Nutzungen. Nach langen Jahren des Verfalls begann schließlich mit dem Erwerb der Anlage durch den Zweckverband Burg Abenberg in den 1980er Jahren ein neues Kapitel in der Burggeschichte. So wird heute das Leben in der Burg von drei Einrichtungen geprägt, dem Burghotel- und restaurant, dem Haus der Fränkischen Geschichte und dem Klöppelmuseum. Besucher der Dauerausstellung „Eine Zeitreise durch Franken“ können Kettenhemd, Ritterhelm sowie Einhandschwert ausprobieren und erhalten am Ende bestenfalls die Urkunde „Geprüfter Franke“. Im Klöppelmuseum, das den engen Bezug dieser Handarbeitskunst zu Abenberg herstellt, sind unter anderem prächtige Metallspitzen in Gold und Silber sowie ganze handgeklöppelte Kleidungsstücke zu sehen. Darüber hinaus zeigen Klöpplerinnen jeden Sonn- und Feiertag nachmittags ihre beeindruckende Kunstfertigkeit und geben Besuchern die Gelegenheit, sich selbst im Klöppeln zu versuchen. www.museen-abenberg.de
Das Burghotel bietet romantische Turmzimmer, spannende Krimidinners, zwanglose Küchenparties und das Restaurant „Mundart“ mit einer prämierten Küche. Darüber hinaus ist die Burg außergewöhnlicher Schauplatz von Rockkonzerten sowie des Feuertanzfestivals jedes Jahr im Juni, einer Veranstaltung der Extra-Klasse für alle Fans mittelalterlicher Rockmusik. www.hotel-burg-abenberg.de
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