(Mynewsdesk) Für kleine und große Entdecker: Kinder- und Familienwattwanderungen auf Sylt

„Gehen wir jetzt ins Meer?“, fragt Jule ganz aufgeregt. „Ja, wir spazieren gleich auf dem Meeresboden“, sagt Nele. Sie und Johannes von der Naturschutzgemeinschaft Sylt e.V. führen Kinder und Erwachsene ins Watt nördlich von Kampen. Das Wasser ist schon weit im Osten, am Glitzern und Flirren knapp über dem Horizont zu erkennen. Es ist ein schöner, sonniger Tag und die Dünen nördlich der Kampener Vogelkoje strahlen im Licht der Morgensonne. Es ist zwei Stunden vor Niedrigwasser „…und wir gehen deshalb so früh los, damit wir nicht vom einlaufenden Wasser überrascht werden“, sagt Nele und erklärt, wie es zu den Gezeiten kommt. Dazu malt sie mit der Forke Mond und Erde auf den Meeresboden und veranschaulicht damit Anziehungskraft des Mondes UND die Fliehkraft der Erde. „Dreht euch mal und lasst die Arme locker…!“ Spielerisch lernen und Spannendes entdecken – das ist typisch für diese kurzweilige Familienwattwanderung. Alles wird kindgerecht erklärt und mit allen Sinnen erforscht: schmecken, riechen, anfassen…

Das Wasser ist also grad woanders und die Leute stehen auf goldig schimmernden Sandbänken, wo letztes Wasser in der Sonne blinkt. Eine große Bühne vor toller Kulisse: im Westen stehen die Dünen, Schilf wogt im milden Wind, dazwischen blinkt der Sand verschwiegener, kleiner Strände und das Watt glitzert. „Auch wenn es auf den ersten Blick nur aussieht wie Matsch – das Watt ist einer der produktivsten Lebensräume auf der Erde“, erklärt Nele. „Kommt, lasst uns zum Wasser gehen – und ihr könnt unterwegs alles aufheben, was ihr wollt. Johannes und ich erklären euch das dann.“ Mitgenommen werden allerdings darf nichts, alle Tiere werden nach der Besichtigung wieder unversehrt entlassen.

Letzte Priele eilen der Nordsee hinterher, die Gruppe läuft durch knöcheltiefes Wasser. Erwachsene und Kinder heben auf, was ihnen im Lebensraum Watt vor die Füße kommt: Muscheln und Pflanzen hauptsächlich, und auch ein Tier mit vielen Beinen. Muschel ist nicht gleich Muschel, Nele nimmt ein Exemplar entgegen: „Schaut mal, welche Form diese Muschel hat“, sagt sie, „…richtig: ein Herz – das ist die Herzmuschel und jetzt passt mal auf!“ Nachdem die Muschel wieder einer Pfütze liegt, öffnet sie sich und beginnt, sich mit dem Grabefuß einzubuddeln.

„Und diese längliche Muschel“, Nele bekommt mit fragendem Blick das nächste Exemplar gereicht, „ist eine Schwertmuschel. Die ist so scharf, dass die Wikinger sich damit die Bärte geschnitten und rasiert haben.“ Die Leute lachen. Nele schneidet Johannes ein paar Haare ab. Die Leute staunen. „Die hier kennen sicher die Erwachsenen aus dem Restaurant – das sind Austern.“ Was man sonst noch essen kann: Johannes und Nele pflücken ein paar frische Blätter vom Meeresboden, „…das ist Meersalat. Hier Johannes; probier´ doch mal.“ Johannes probiert das mal und ein paar andere Leute auch. „Es schmeckt wie salzige Plastikfolie, oder.“

Wer hier sonst noch wen isst: Am Meeresboden finden Dramen statt, die sich Grusel-Autoren nicht besser ausdenken können. Aus einem kleinen Priel fischt der Junge einen Seestern, ein räuberisches Tier. „Und das hier sind die Opfer der Seesterne“, sagt Johannes, „…Miesmuscheln. Hier kämpfen Kraft gegen Ausdauer: Der Seestern kann die Muschel nicht öffnen, er umklammert sie aber und wartet, bis sie sich zum Atmen von selbst öffnet, und dann…“, es folgt ungläubiges Staunen, „…stülpt der Seestern seinen Magen in die Muschel, verdaut sie und schlürft sie auf!“ Die verrücktesten Geschichten gibt´s immer noch in der Natur. Man muss nur mal rausgehen und sich das erklären lassen. Kinder wie Erwachsene sind längst im Banne des Wattenmeeres; suchen weitere Pflanzen und Tiere, warten auf Geschichten dazu.

Inzwischen steht die Gruppe an einem Priel und versucht, Strandkrabben zu fangen, eine Art Krebse. Einfach ist das nicht, die Biester sind schnell, ein paar Kinder aber noch schneller. Wieder bekommt Nele die Beute gereicht. „Also, da hast Du ein Prachtexemplar gefangen – mit einem fehlenden Bein. Aber keine Sorge, das Bein wächst ihm nach. Und wer traut sich, den mal über seinen Arm laufen zu lassen?“ Nele und Johannes haben nicht so viele Strandkrabben, wie Bewerber den Unterarm hinhalten. Aber jeder kann das mal probieren. Dann springt die Krabbe ins Wasser und buddelt sich blitzschnell ein. Ende einer spannenden Vorstellung auf großartiger Bühne. Und die Gruppe muss ohnehin wieder zurück, das Wasser läuft wieder auf. Eine wundersame Welt versinkt wieder in der Nordsee.

Familien- und Kinderwattwanderungen auf Sylt werden angeboten von der Naturschutzgemeinschaft Sylt, der Schutzstation Wattenmeer, vom Erlebniszentrum Naturgewalten und vom FVV Westerland. Alle Termine, alle Zeiten auf www.sylt.de.

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